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Hierarchie der Ausdauertrainingsanforderungen

Ausdauersportler*innen suchen gerne nach DER einen Trainingseinheit, die sie besser macht. Welche Methode führt zum Erfolg und wo gibt es Abkürzungen, um schneller an das Ziel zu kommen?

Auch wir als Coaches sind immer auf der Suche, das Training optimal auf die Voraussetzungen und Ziele der Athlet*innen anzupassen, das optimale Verhältnis aus Be- und Entlastung zu finden, um maximalen Fortschritt zu erreichen. Seit einigen Jahrzehnten machen sich darüber diverse Sportwissenschaftler*innen und Coaches Gedanken, führen Studien durch. Alles mit dem Ziel, die menschlichen Grenzen der Leistungsfähigkeit immer weiter zu verbessern.

Stephen Seilers "Hierarchy of Endurance Training Needs"

Einer, der sich in den letzten Jahren intensiv diesem Thema gewidmet hat, ist der US-amerikanische Sportwissenschaftler Stephen Seiler, der an der Universität Agder in Norwegen arbeitet. Er ist bekannt für seine Forschung im Bereich des Ausdauersports und der Trainingsmethoden. In den letzten 5 Jahren hat er sich auf die Untersuchung von Trainingsstrategien und -methoden für Ausdauersportler konzentriert. Insbesondere hat er sich auf die Entwicklung von Trainingsplänen für Langstreckenläufer, Radfahrer und Skilangläufer konzentriert. Er hat auch neue Erkenntnisse über die Auswirkungen von Intervalltraining und Periodisierung auf die Leistung im Ausdauersport vorgestellt. Eine seiner bekanntesten Arbeiten in den letzten Jahren war die Entwicklung der "Hierarchy of Endurance Training Needs", die eine Hierarchie von Trainingsprinzipien darstellt, die für eine optimale Leistung im Ausdauersport notwendig sind. Diese Hierarchie ist an Abraham Maslows „Hierarchie der physiologischen Bedürfnisse“ angelegt und ordnet in einer Pyramide acht grundlegende Trainingsmethoden in der Reihenfolge ihrer nachgewiesenen Wirkung.

Stephen Seilers Pyramide

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Stufe 1: Trainingsumfang

Die unterste Stufe der Pyramide, die damit auch die Basis bildet und in der Wissenschaft am besten untersucht ist, ist der Umfang bzw. die Häufigkeit des Trainings. Es besteht ein hoher Zusammenhang zwischen der sportlichen Leistung und dem wöchentlichen Trainingsumfang bei Ausdauersportler*innen. Mehr ist also gleich besser? In der Theorie ja, beachtet werden sollte hier jedoch, dass mit steigendem Umfang auch die Verletzungsanfälligkeit und Gesamtbelastung ansteigt, insbesondere im Laufen, wo die Beanspruchung auf den passiven Bewegungsapparat deutlich höher ist als beispielsweise beim Radfahren oder Schwimmen. Der Großteil des Trainings sollte daher im niedrig-intensiven Bereich absolviert werden.

In unserem Coaching passen wir das Training an die Verfügbarkeiten unserer Athlet*innen an. Durch eine gezielte Steuerung des Trainings und progressive Erhöhung des Umfangs gewährleisten wir einen konstanten Trainingsload ohne Überlastung und Verletzungen.

Stufe 2: Hoch-intensives Training (HIT)

Auf der zweiten Stufe der Pyramide, mit ebenfalls sehr gut belegten Erkenntnissen, ordnet Seil das hochintensive Training ein. Neben hohem Umfang im niedrig-intensiven Bereich, sollte hochintensives Training fester Bestandteil des Trainingsplans sein, um die Leistungsfähigkeit langfristig zu verbessern. Intervalltrainingsmethoden bieten sich hierzu an. Welche Dauer, Intensität, Häufigkeit und Pausendauer diese haben sollten, hängt individuell von den Zielen des oder der Athlet*in ab.

Alle unsere Athlet*innen absolvieren intensive Intervalle in ihrem Trainingsplan. Die Steuerung ist jedoch individuell. Anhand einer Leistungsdiagnostik oder eines PPD bestimmen wir die physiologischen Parameter und können, mit Hilfe der Inscyd Software, Intervalle für jede Zielsetzung simulieren. Dadurch ergeben sich individuelle Intervall- und Pausenlängen, sowie Intensitätsbereiche für verschiedene Intervallformen.

Stufe 3: Trainingsintensitätsverteilung

Nahtlos daran anschließen lässt sich die dritte Stufe der Pyramide, die „Trainingsintensitätsverteilung“. Diese bezieht sich auf die Aufteilung des Trainings in verschiedene Intensitätsbereiche, die für die Erreichung bestimmter Ziele im Ausdauersport relevant sind. Grob können drei Hauptintensitätsbereiche unterteilt werden:

 

  1. Niedrige Intensität: Dieser Intensitätsbereich wird für das Training der Grundlagenausdauer verwendet. Die Belastung ist moderat und das Training wird für längere Zeitdauer ausgeführt. Dieser Intensitätsbereich trägt dazu bei, das aerobe System des Körpers zu stärken und die Fähigkeit zur Fettverbrennung zu verbessern.

  2. Mittlere Intensität: Dieser Intensitätsbereich wird beispielsweise für das Training rennspezifischer Intensitäten verwendet. Die Belastung ist höher als bei niedriger Intensität, aber noch nicht so hoch wie bei hoher Intensität. Es geht darum, den Stoffwechsel für diese Belastungen zu ökonomisieren.

  3. Hohe Intensität: Dieser Intensitätsbereich wird hauptsächlich für das Training der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) verwendet. Die Belastung ist hoch und das Training wird für eine kurze Zeitdauer durchgeführt. Dieser Intensitätsbereich trägt dazu bei, die maximale Sauerstoffaufnahme des Körpers zu verbessern, d.h. die Fähigkeit des Körpers, Sauerstoff effektiv zu nutzen und Energie zu produzieren.

 

Die genaue Aufteilung hängt von den individuellen Zielen und physiologischen Voraussetzungen der Athlet*innen und dem Saisonzeitpunkt ab. Seiler hat in seinen Recherchen herausgefunden, dass Spitzenausdauersportler*innen den Großteil ihres Trainings (ca. 80%) im niedrig-intensiven Trainingsbereich durchführen.

Polarisiertes Training

Beim polarisierten Training wird das Training in zwei Intensitätsbereiche aufgeteilt: eine niedrige Intensität für die Grundlagenausdauer und eine hohe Intensität für die anaerobe Leistungsfähigkeit und Verbesserung der VO2max. Der größte Teil des Trainings wird dabei in einem niedrigen Intensitätsbereich absolviert (ca. 90 %), während nur ein kleiner Teil des Trainings in einem sehr hohen Intensitätsbereich (ca. 10 %) durchgeführt wird. Ziel des polarisierten Trainings ist es, eine optimale Balance zwischen Ausdauer und Leistungsfähigkeit zu erreichen, indem die aerobe Kapazität verbessert wird und gleichzeitig die Fähigkeit zur schnellen Energiebereitstellung gestärkt wird.

Pyramidales Training

Das pyramidale Modell umfasst ein hohes Volumen bei niedriger Intensität, wichtige, spezifische Trainingseinheiten im Bereich mit mittlerer Intensität und nur wenige Trainingseinheiten oberhalb der anaeroben Schwelle im hochintensiven Bereich.

Je nach Saisonzeitpunkt, physiologischen Voraussetzungen und der Zielsetzung, gestalten wir die Trainingsintensitätsverteilung jede*r Athlet*in individuell und setzen unterschiedliche Schwerpunkte innerhalb des Saisonverlaufs.

Zusammenfassung

Diese drei ersten Bausteine von Seilers Pyramide bilden das Fundament und sind empirisch sehr gut belegt. Für uns sind dies ebenfalls die „Basics“ in der Trainingsplanung und essenzielle Bestandteile im Coaching. Um eine Weiterentwicklung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit zu erreichen, müssen diese Bestandteile des Trainings umgesetzt werden. Darauf aufbauend, können dann die nächsten Bereiche der Pyramide angegangen werden.

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